Mehr Kampfeslust beim Datenschutz?

Heinrich Wefing kommentiert in der ZEIT (auch online) zum Thema Datenschutz und dem „neuen Bewusstsein“, das in der Öffentlichkeit angesichts der jüngst bekannt gewordenen Schludereien keimt. Ganz richtig stellt er dabei fest:

Der verbreitete Glaube, wer sich nichts zuschulden kommen lasse, der habe auch nichts zu befürchten von den staatlichen und gewerblichen Datensammlern, ist längst nicht mehr naiv. Sondern töricht.

Dass nun die Politik gefordert ist, liegt nahe – wobei man vielleicht deutlicher als im vorliegenden Kommentar darauf hinweisen sollte, dass auch der Staat selbst sich wieder auf das Prinzip der Datensparsamkeit besinnen sollte! Selbst wenn man diesem „großen Bruder“ vertraut, zeigt doch die Erfahrung, dass Daten, wenn sie erst einmal erhoben wurden, beinahe regelmäßig auch zu anderen als den vorgesehenen Zwecken missbraucht werden. Und wie glaubwürdig ist ein Gesetzgeber, der anderen den Hunger nach Daten austreiben will, selbst aber alles wissen möchte? …

Innenminister und Bundesdatenschutzbeauftragter im Diskurs
Innenminister und Bundesdatenschutzbeauftragter (u.a.) im Streigespräch
Doch zurück zum Text: Wefing fordert neben besseren Gesetzen und einer besseren Ausstattung der Datenschützer auch Veränderungen bei den berufenen Datenschützern: „Sie selbst müssen anders werden, charismatischer, kreativer, kampfeslustiger.“ Hier möchte ich einwenden: Sind sie doch schon! Peter Schaar ist erheblich ‚lauter‘ und streitbarer als seine Vorgänger! Wann hat man früher schon einmal einen Bundesbeauftragten für den Datenschutz öffentlich Innenministern Kontra geben hören?! (im Bild: Schaar und Schäuble auf einer Diskussion beim IT-Gipfel 2007)

Und man vergesse bitte auch nicht, dass die Datenschützer immer unter dem Generalverdacht der ‚Verhinderer‘ standen und stehen und zudem nur wenige ‚Machtmittel‘ zur Verfügung haben: Kämpferisch kann sich aber nur zeigen, wer nicht nur innerlich, sondern auch dem Kontrahenten gegenüber stark ist! Ansonsten steht zu befürchten, dass der andere schlicht und einfach weghört und den ‚lästigen Plapperer‘ halt reden lässt. Auch Wefing kennt das: „Viel zu lange interessierten sich nur ein paar Berufspessimisten und Erbsenzähler für die Gefahren des Informationsmissbrauchs, schon das Wort Datenschutz klang nach Bedenkenträgerei und Bürokratie.“ Um überhaupt Gehör zu finden bei denen, die (mehr oder minder freiwillig) etwas ändern können, waren gemäßigte Worte wohl oft hilfreicher als Vorwürfe und öffentliche Poltereien. Wenn Datenschützer nicht mehr auf Konsens angewiesen sein sollen, müssen sie ’scharfe Waffen‘ erhalten, dann müssen die geforderten neuen Gesetze auch Sanktionen vorsehen, die Unternehmen im Zweifel wirklich Ernst nehmen.

Und angesichts der Bereitwilligkeit, mit der sich viele Menschen noch immer für organisierte Datensammeleien in Rabattsystemen oder ‚einfach so‘ im Netz hergeben, wäre ich ohnehin vorsichtig, hier bereits eine echte Bewusstseinsveränderung zu konstatieren. Man ist zwar hochgeschreckt und fordert mehr Schutz durch den Staat, doch ein echtes Bewusstsein müsste auch die eigenen Aktivitäten infrage stellen. Ob sich das nun einstellt, bleibt abzuwarten.