„Wo ist all die Zeit geblieben, die wir durch immer augeklügeltere Technologien eingespart haben?“ (Florian Opitz)
Dokumentarfilmer Florian Opitz hat sich auf die filmische Suche gemacht, um diese Frage zu beantworten – das Ergebnis gab es 2012 im Kino und letzte Woche auf arte zu sehen. „Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ sind 97 Minuten wunderschöne Bilder und gute Gedanken zum Leitthema (oder zumindest dem namensgebenden Thema) dieses Blogs. Das Video steht auf „arte +7“ noch bis morgen (29. Januar 2014) bereit, am 11. Februar um 1:20 Uhr wird der Beitrag wiederholt.
(für das Video in voller Auflösung: http://www.arte.tv/guide/de/040409-000/speed-auf-der-suche-nach-der-verlorenen-zeit
Die Doku spürt dem Phänomen des Zeitschwunds nach, ergründet Ursachen und sucht nach Auswegen. Der ganz normale Wahnsinn unserer heutigen Zeit zeigt sich beispielsweise, wenn jemand erklärt, dass Broker megaschnell mit hohen Summen handeln müssen, um sich die teuren Systeme überhaupt leisten zu können, die ihnen solche hyperaktiven Geschäfte erst ermöglichen…
Natürlich haben Entschleunigungsprojekte und Aussteiger ihren Platz in der Sendung; dies aber ohne Dogmatik und den Anspruch auf Patentrezepte, die es hier wohl ohnehin nicht geben kann. Opitz besuchte gleichermaßen Ex-Broker, Bergbauern und Douglas Tompkins, den früheren Gründer von „Esprit“ und „The North Face“, der später in Patagonien riesige Landflächen gekauft hat, um sie zum Naturpark umzuwidmen.
Der Computer ist eine Massenvernichtungswaffe. … Er zerstört unser Ökosystem, weil er die Wirtschaft beschleunigt. (Douglas Tompkins)
Neu gelernt habe ich heute den Begriff „Bruttonationalglück“ – der Doku zufolge in Bhutan ein verfassungsmäßiges Staatsziel. Auch diesen Ansatz hat Opitz vor Ort zu ergründen versucht. Und um das noch einmal zu betonen, weil es ja nicht selbstverständlich ist: Zwischen all den intellektuellen und praktischen Ansätzen, Erfahrungen und Berichten schenkt Opitz dem Zuschauer immer wieder Ruhepausen mit wirklich schönen Bildern von seiner Reise auf der Suche nach der verlorenen Zeit – allein dafür lohnte das Anschauen.
Zudem kommen Soziologen und Zeitforscher zu Wort. Besonders spannend fand ich (u. a.) die Aussagen von Karlheinz Geissler, einem emeritierten Professor für Wirtschaftspädagogik:
„Wenn wir von dem Zeitdruck weg kommen wollen, dann müssen wir mehr verzichten. … Ich kann nicht alle Gelegenheiten wahrnehmen … je mehr Gelegenheiten ich habe, umso mehr muss ich verzichten.“ (Prof. Dr. Karlheinz Geißler)
Mehr Zeit möchte ich nun gar nicht mehr in diesen Text stecken – schaut einfach den Film, wenn Euch das Thema interessiert! 😉
P.S.: Ein paar weitere Infos und (dauerhaft?) zwei kleine Videos hierzu gibt es auf http://future.arte.tv/de/warum-rennt-uns-die-zeit-davon